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Herausgabe der Urkunden Kaiser Friedrichs II.

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Die lange Reise eines großen Projektes

Über Jahrzehnte hinweg erfassten die Mitarbeiter der Monumenta Germaniae Historica (MGH) auf ausgedehnten Archivreisen zahlreiche wertvolle Diplome der staufischen Herrscher. In den Jahren 1880 bis 1885 überließen die MGH die noch nicht edierten Urkunden zur spätstaufischen Zeit Eduard Winkelmann für eine erste und vorläufige Drucklegung. Die Veröffentlichung erfolgte schließlich in zwei Bänden, den „Acta imperii inedita saeculi XIII et XIV“.

Am 14. April 1904 beschloss die Sitzung der Zentraldirektion der MGH, als dritte Reihe der Diplomata die Edition der Urkunden Lothars III. und der Staufer ins Programm aufzunehmen. Sie übertrug die Realisierung der neu installierten Wiener Diplomata-Abteilung unter der Leitung Emils von Ottenthal, des damaligen Vorstands des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung.

Kaiser Wilhelm II. wird Mentor der deutschen Forschung in Italien

Zur gleichen Zeit – auf völlig anderem Wege – schienen sich ausgezeichnete Möglichkeiten speziell für eine Sammlung und Edition der Urkunden Friedrichs II. aufzutun. Wilhelm II. hatte anlässlich zweier Mittelmeerkreuzfahrten das staufische Süditalien besucht und Paul Fridolin Kehr, Direktor des Preußischen Historischen Instituts in Rom, wusste die neue Stauferbegeisterung Kaiser Wilhelms II. für sein Forschungsanliegen zu nutzen. In einer vom Kaiser anbefohlenen Denkschrift wies Kehr auf die nationale Aufgabe der deutschen Forschung in Italien hin und rückte dabei vor allem eine mögliche Edition der Urkunden Friedrichs II. ins Zentrum seiner Argumentation. Sie sollte nach den von Theodor Sickel am Institut für Österreichische Geschichtsforschung inzwischen entwickelten und praktizierten modernen diplomatischen und editorischen Methoden erfolgen.

Eine von den MGH gebilligte Interessensabgrenzung mit dem Wiener Institut führte dazu, dass dem Preußischen Historischen Instituts in Rom die Bearbeitung und Herausgabe der Urkunden Friedrichs II. und seiner „Deszendenten“ zugesprochen wurde. Vorhandene Materialien wurden dem Institut in Rom überlassen, allerdings verhinderten die Ereignisse des Ersten Weltkrieges für eine ganze Zeit die Umsetzung dieses Planes. Das heutige Deutsche Historische Institut in Rom sammelte dennoch zumindest bis an die Schwelle der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts „Kaiserurkunden und Reichssachen“, zuletzt allerdings nur mehr punktuell und gelegentlich, vornehmlich von Wolfgang Hagemann.

Edition der Königs- und Kaiserurkunden der späteren Stauferzeit beginnt 1978

Voraussetzung für die Arbeiten an einer modernen, voraussichtlich zehnbändigen kritischen Edition der Urkunden Friedrichs II. war ein dezidierter Beschluss der Zentraldirektion der MGH. In deren Sitzung vom 9. und 10. März 1978 wurde entschieden, die Edition der Königs- und Kaiserurkunden der späteren Stauferzeit, also der Zeit nach 1197, in das Arbeitsprogramm aufzunehmen und die Arbeiten anzugehen. Die zügigen Fortschritte der 1990 fertiggestellten, fünfbändigen Edition der Diplome Friedrich Barbarossas durch Heinrich Appelt in Wien hatte die Machbarkeit auch großangelegter Vorhaben eindrucksvoll bewiesen.

Die achtziger und neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts waren zunächst nur den zahlreichen, jeweils mehrwöchigen Archivreisen in ganz Europa gewidmet. Der Fokus lag zunächst auf den Archiven in Süditalien, denn der erste Band der kommenden Edition sollte die „sizilische Königszeit“ behandeln, also die Jahre des noch jungen, anfangs unmündigen Friedrich als „Rex Sicilie, ducatus Apulie et principatus Capue“. Flächendeckend und planmäßig wurden aber auch die zahlreichen Archive in ganz Europa – überall dort, wo „Friedrich“ vermutet werden konnte – besucht und „abgearbeitet“. Seit der zweiten Hälfte der neunziger Jahre sind diese Archivreisen weitgehend abgeschlossen, und seither steht die eigentliche Edition im Vordergrund.

Das Langzeitunternehmen „Edition der Urkunden Kaiser Friedrichs II.“ ist bis in das Jahr 2034 geplant. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen – jeweils im Abstand von etwa drei bis dreieinhalb Jahren – zehn Bände mit etwa 2600 Urkunden des Staufers erscheinen.